Schemen
- Originaltitel:
- The Ignored
- Autor:
- Bentley Little
- Genre:
- Thriller
- Umfang:
- 526 Seiten
- Release:
- 21.04.2011
- Verlag:
- Bastei Lübbe
Wie sucht man sich auf die Schnelle ein neues Buch aus? Es ist sicherlich nicht verkehrt auf positive Pressezitate auf dem Einband zu achten, ich persönlich habe denen schon oft vertraut und so meine Bücher ausgesucht. Bei Schemen von Bentley Little steht, dass es das „beste“ Buch von Little sei, „beängstigend und provozierend“ - das schreibt Stephen King. Die Los Angeles Times, die als Zeitung einen recht hohen Standard in den USA vertritt, nennt ihn indirekt den besten bekannten Horrorautoren. Die Geschichte klingt auch halbwegs rund und daher kaufte ich dieses Buch.
Im Mittelpunkt steht der Büroangestellte Bob, der in seinem Alltagstrott versinkt und zunehmend von seiner Umwelt ignoriert wird. Die Situation verschärft sich, bis er von niemanden mehr wahrgenommen wird, weder seine Vorgesetzten noch seine Kollegen beachten ihn noch. Nach der Trennung von seiner Freundin und dem weiteren Absinken in die Einsamkeit bringt er seinen Chef um. Doch nicht mal dieser Mord wird zur Kenntnis genommen. Bob ist ratlos, doch plötzlich taucht Philipe auf und klärt ihn auf; Er sei einer der Ignorierten, die man nicht mehr sehen könne. In seiner Verzweiflung schließt sich Bob Philipe und seiner Gruppe an, die fortan Terroristen sein wollen, um den ignorierten Mann wieder in die Mitte der Gesellschaft zu stellen.
So weit, so gut. Bei der Inhaltsangabe hätte es aber auch bleiben können. Die Geschichte wird nicht nur quälend langsam erzählt, sondern verfährt sich auch in eine völlig abstruse Richtung. Mit seinen Freunden streift Bob durch das Land und will terrorisieren. Der Terror reicht von kindischen Streichen bis hin zur Vergewaltigung, dann tauchen Männer in grauen Anzügen auf, die die Ignorierten jagen sollen, was aber schwierig ist, weil die Ignorierten unsichtbar sind. Dann steigert sich die Ignoranz, bis sich für die ganz übel betroffenen eine parallele Welt auftut, mit violetten Bäumen und komischen Tieren...
Sicherlich ist der Schreibstil ok, die Idee für dieses Buch liegt auch fernab vom Mainstream und ist mutig. Aber die seltsame Story macht wenig Sinn und auch keinen Spaß, oft versucht der Autor, einen ordentlichen Höhepunkt zu kreieren und verfängt sich wieder in dem Selbstmitleid der Hauptfigur, die den Leser in seitenlangen Gedankengängen damit anjammert, dass sie für niemanden mehr sichtbar ist. Auch das Ende ist völlig merkwürdig. Die Problematik, dass ein Teil der amerikanischen Mittelschicht in seiner Durchschnittlichkeit bedeutungslos wird, wird weder ausgearbeitet, noch richtig begründet. Die Gesellschaftskritik funktioniert eben so wenig wie die vermeintliche Horrorhandlung.
Das Buch versinkt in seiner stilistischen Kälte und inhaltlichen Sinnlosigkeit und macht nach den ersten hundert Seiten keinen Spaß mehr. Man wartet das Ende ab, hofft auf eine große Wendung, aber auch für das Durchhalten gibt es keine Belohnung.
Es ist einfach schade, dass manche Bücher nur mittels großer Ankündigungen auf dem Einband und dem Ruf des Autoren (der sicherlich schon bessere Werke geschrieben hat) auf den Markt geworfen werden. Geht es bloß um die Geldmacherei? Sollte ein Verlag sich nicht auf die wirklichen Qualitäten eines Buches als auf die Naivität seiner Leser verlassen? Eigentlich verreisse ich Bücher nicht gerne, aber dieses ist nicht nur schlecht, sondern wird zu allem Überdruss als brillant tituliert. Anstatt also einen übersehenen Horrormeister und sein „bestes“ Buch vorstellen zu können, kann ich nur empfehlen, einer großen Aufmachung und positiven Pressezitaten nicht komplett zu vertrauen sondern auch eine zweite Meinung einzuholen, bevor man sich auf ein Buch einlässt.